Autos raus: Kommt die Fußgängerzone um den Gärtnerplatz jetzt?

Der Gärtnerplatz München. Bepflanztes Rondell mit Radfahrern

München ist berühmt berüchtigt für teure Wohnungen, viel Verkehr und boomende Stadtteile. Dem will zumindest die Bürgerschaft des Gärtnerplatzviertels einen Riegel vorschieben. Denn das Viertel bildet die Verbindung zwischen der Isar und der Altstadt und liegt dank der Reichenbachstraße inmitten des Verkehrs-Chaos. Eine Initiative setzt sich jetzt für eine große Fußgängerzone im Viertel ein.

Die Bürger-Initiative „Gärtnerplatz Fußgängerzone“ möchte die Lebensqualität in dem Viertel verbessern. Denn bis jetzt werden die ohnehin schon kleinen Gehwege von parkenden Autos blockiert. AnwohnerInnen und BesucherInnen des Viertels müssen sich vorbeischlängeln, keine leichte Aufgabe, sollte man mit Einkaufstüten oder Kinderwagen unterwegs sein. Das Rondell der Reichenbachstraße wird zudem immer öfter von Auto-Liebhabern dazu genutzt, ihre teuren Autos zu präsentieren und das Rondell mehrmals zu umkreisen.

Ein Beitrag geteilt von Alena (@11alenushka11) am

Neue Fußgängerzone in der Baaderstraße, Klenzstraße und Buttermelcherstraße?

Die anliegende Straßen sollen nun also nur für Fußgänger freigegeben werden, um das ganze Viertel verkehrstechnisch zu beruhigen. Hierunter fallen etwa die Baaderstraße, die Klenzstraße, ebenso wie die Buttermelcherstraße. Einzige Ausnahme bildet, laut der Initiative Website der Gebrauchsverkehr, wie etwa Müllabfuhren, Handwerker oder die Autos von körperlich eingeschränkten Bewohnern. Auch die angrenzende Fraunhoferstraße soll für Fahrrad-Fahrer aufbereitet werden, sodass eine gute Verbindung von Isar und Altstadt gewährleistet werden kann.

Die Fußgänger-Zone soll Touristen wie Einheimischen den Weg zur Isar zu erleichtern. Die Reichenbachstraße ist bereits jetzt gesäumt von Cafés, Bars und kleinen Geschäften, die ebenso von der beruhigten Straße profitieren. Bereits bestehende Parkplätze sollen zu Fahrrad-Parkplätzen und kleinen Grünanlagen umgestaltet werden. Die Initiative sammelte von April bis Juli Unterschriften, gewann 822 Unterstützer und steht inzwischen im Dialog mit dem Bezirksausschuss. Nur mal zur Einordnung: die Petition für die Einrichtung eines Konzert- und Kulturzentrums in München kann bereits stolze 23.591 Unterstützer vorweisen, die Zahlen sind also nicht so prickelnd.

Gute Idee, oder? Das sagen die Gegner:

Doch nicht alle Bewohner sind glücklich mit der Initiative. Die Befürchtungen reichen von der Gentrifizierung des Wohnviertels bis hin zur Ausweitung der als „Feiermeile“ berühmten Müllerstraße. Ein anonymer Nutzer der Initiativen-Website betont: „Fußgängerzone bedeutet Mietirrsinn für Privatpersonen und Geschäftsleute!“

Wir haben uns selbst auf die Suche nach Antworten gemacht und Anwohner sowie Cafés und kleine Läden nach ihrer Meinung gefragt.

Zwei junge Mädels kamen uns auf dem Fahrrad entgegen und waren gleich zu einer kurzen Unterhaltung bereit. Valentina und Mila, beide noch auf der Schule, finden eine Fußgängerzone klasse. Sie fahren eh die meiste Zeit über mit dem Fahrrad, da kommen freiere und ruhigere Straßen sehr gelegen. Diese Meinung vertritt auch eine ältere Dame auf dem Weg zum Einkaufen. Je weniger Autos in Städten fahren dürfen, desto besser, lautet ihre Meinung.

Ganz anders sieht das die Brillen-Beraterin eines gut gelegenen Ladens. Denn durch das Auto– und Parkverbot sieht sie eine Gefahr für das Geschäft. Viele Bestandskunden kämen ausschließlich wegen der Brillen, würden kurz parken, sich beraten lassen und weiter fahren. Diese gute Erreichbarkeit würde mit dem Zustandekommen der Initiative wegfallen. Ein paar Geschäfte weiter bekommen wir eine ähnliche Meinung zu hören. Nicht nur das Geschäft mit den Autofahrern würde wegfallen. Auch kann niemand wirklich glauben, dass die Touristen sich tatsächlich leichter in das Gärtnerplatzviertel verlaufen würden.

Café- und Restaurant-Besitzer sind unaufgeregter. Ihnen ist die Initiative beinahe egal, denn die Außen-Terrassen werden sich sicher nicht vergrößern und die Kundschaft ist auch jetzt schon gerne und häufig da. Ein Argument gibt es aber doch: endlich könnte man einmal die Blumen des Gärtnerplatzes genießen, ohne von den vorbeifahrenden Autos genervt zu werden.

Und was passiert mit den Öffis?

Eine Angestellte spricht außerdem etwas Wichtiges an: bis jetzt konnten die Menschen ganz einfach mit dem Bus direkt an den Gärtnerplatz fahren. Sollte die Initiative in Kraft treten, müssten sich diese Menschen etwas anderes ausdenken und an Flexibilität einbüßen. Es sei denn, dieser Bürger-Wunsch wird von der Initiative berücksichtigt und die Reichenbachstraße bleibt für die Öffis weiterhin befahrbar.

Schlussendlich bleibt nur abzuwarten.

Denn wie sich der Stadtrat entscheidet und ob wirklich alles genau so umgesetzt wird wie gefordert, das ist noch unklar. Auch wenn wir die Angst vor dem „Mietirrsinn“ nachvollziehen können: der ist in München eh schon vorhanden. Stattdessen würden wir uns beruhigte Straßen wünschen, auf denen Kinder ohne Angst mit dem Fahrrad fahren dürfen, Eltern ihre Kinderwägen problemlos schieben können und München ein Stückchen grüner und autofreier wird. Wir drücken die Daumen für eine Lösung, die beiden Seiten entgegenkommt.

  Foto: Flickr, Katercarlox, CC BY 2.0

Kommentieren