Keiner von uns braucht neue Klamotten: Ein Selbstversuch in 365 Tagen

Nach einer Studie von Greenpeace besitzt jeder Erwachsene Deutsche zwischen 18 und 69 Jahren insgesamt 95 Kleidungsstücke, dazu kommen noch Unterwäsche und Socken. Circa 19 Prozent dieser Kleidungsstücke werden nie getragen und fristen ihr trauriges Dasein irgendwo in der hintersten Ecke des Schrankes. Fazit: Der Großteil von uns allen besitzt wahnsinnig viele Klamotten und die Aussage „ich brauche was Neues, ich habe nichts anzuziehen!“ ist einfach Schwachsinn. Genau das gleiche gilt auch für mich.

Ein Jahr lang kein Shopping:

Was für viele nicht allzu spektakulär klingt, ist für mich bis vor ein paar Monaten unvorstellbar gewesen. Hätte man mich gefragt, womit ich einen großen Teil meiner freien Zeit verbringe, wäre die leicht verlegene Antwort wahrscheinlich gewesen, dass ich mich für Mode interessiere. Mit einem Studentenbudget ist das gar nicht so einfach.

Und irgendwie weiß doch auch jeder, dass Fast-Fashion kein guter Weg ist, Abwechslung in den Kleiderschrank zu bringen.

Als ich dann in einem Artikel zum Thema fast-fashion über das Statement „kein Mensch in Deutschland braucht neue Klamotten“ stolperte, war der Plan gefasst. Ich versuche ein Jahr lang, keine neuen Kleidungsstücke und Schuhe zu kaufen, mit Ausnahme von vier Stücken, wenn es nicht anders geht. Startschuss war September 2017 und seitdem hat sich einiges in meinem Alltag verändert.

Wie geht es mir damit?

Am Anfang war es ziemlich schwierig, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich ein Jahr lang nichts kaufen möchte. Dadurch, dass ich es aber aus eigener Überzeugung mache, fällt es mir nicht besonders schwer. Auch online verbringe ich kaum noch Zeit auf Seiten, die Kleidung verkaufen und spare mir dadurch tatsächlich einiges an Zeit ein.

Spare ich seitdem Geld?

Auf jeden Fall gebe ich weniger Geld für Klamotten aus, da ich ja quasi keine mehr kaufe. Dafür fließt das Geld bei mir eher in hochwertigere Lebensmittel und ich spüre keine besonderen Einsparnisse. 

Wie steht es um die vier Ausnahmen?

Die vier Ausnahmen sind mittlerweile erschöpft, was für mich fast schon eine Erleichterung ist. Irgendwie hat es mich sehr unter Druck gesetzt, bei allem abzuwägen, ob es wirklich unverzichtbar ist. Da ist es angenehmer, einfach zu wissen, dass nichts mehr geht. Gekauft habe ich innerhalb des letzten Jahres übrigens ein T-Shirt, ein Paar Winterschuhe, einen Rock und ein Paar Sommerschuhe.

Das habe ich dazugelernt

Je mehr ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt habe, desto mehr ist mir aufgefallen, wie wenig Umstellung nachhaltiger Konsum bedarf. Für mich persönlich ist es keine schlimme Umstellung, einfach nichts mehr zu kaufen. Wenn ich im September mein Jahr hinter mich gebracht habe, werde ich trotzdem nicht als Erstmaßnahme in die Kaufingerstraße rennen, sondern in Second Hand Läden einkaufen. 

Seit ich ich mit der Thematik rund um nachhaltige Mode auseinandersetze, habe ich mich außerdem oft gefragt, wie ich meinen Alltag weiter verändern kann, um nachhaltiger zu leben. In meinem Badezimmer verzichte ich mittlerweile zum Beispiel komplett auf Mikroplastik und auch bei Putzmittel achte ich auf Inhaltsstoffe. Ansonsten habe ich dieses Jahr einige Kleidungsstücke geflickt, die ansonsten wohl in der Tonne gelandet wären und versuche auch ansonsten, so viel (Plastik-) Müll wie möglich zu vermeiden. 

Würde ich anderen empfehlen, das einmal auszuprobieren?

Auf jeden Fall! Die Motivation dahinter ist natürlich jedem selbst überlassen. Allerdings bin ich mittlerweile mit wirklich vielen Leuten ins Gespräch gekommen, die alle interessiert daran waren. Warum dann also nicht einmal selbst ein Jahr verzichten? Es gibt ja keinen Druck dahinter und jeder muss dabei für sich selbst entscheiden, welche Rahmenbedingungen gelten. Viele sehen vier Teile im Jahr zum Beispiel schon als sehr viel, für mich war das ein großer Schritt.

Unter welchen Bedingungen auch immer, alleine das Auseinandersetzen mit dem eigenen Konsumverhalten kann jedem selbst aufzeigen, ob es etwas zu ändern gibt. 


Beitragsbild: © Andrej Lisakov

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