Zu Tisch – Besser Iss das: Was hinter dem neuen Logo steckt

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Schon wieder ein neues Logo? Schon wieder ein neues Label?

Das will „Zu Tisch – Besser iss das“ definitiv nicht sein. Die Initiative des Referats für Gesundheit und Umwelt und der Genussgemeinschaft Städter und Bauern gibt den Speisekarten der Münchner Restaurants damit zwar ein neues Symbol mit in den Label-Dschungel, jedoch eins, das den Gästen und insbesondere den ‚Außer-Haus-Vegetariern‘ bei der Auswahl der Gerichte helfen soll.

Unter dem Phänomen ‚Außer-Haus-Vegetariern‘ versteht man Menschen, die zwar zuhause Fleisch essen – selbst beim Bio-Metzger des Vertrauens gekauft – bei Restaurantbesuchen aber darauf verzichten, weil sie keine Gewissheit haben, woher das Fleisch kommt. Das neue Logo in Form eines Rinderkopf soll Regionalität und eine artgerechte Haltung versprechen.

Dass das nicht automatisch gleichzusetzen ist, zeigt der Aufschrei um den umstrittenen Beschluss des Stadtrats letztes Jahr, auf den Festen der Stadt – dem Oktoberfest, den drei Auer Dulten oder dem Stadtgründungsfest – nur regional produzierte Produkte zu führen. Was erstmal gut klingt, jedoch Massentierhaltung nicht ausschließt. Das einzige Kriterium war die regionale Produktion.

Wer darf mitmachen?

Über ein Formular auf der Website der Initiative können Gastronomen wie Erzeuger unverbindlich Kontakt aufnehmen.

Denn um die Aktion ins Rollen zu bringen, benötigt es Teilnehmer. Gute Beispiele, erfolgreiche Vorbilder, Trendsetter, Überzeugungstäter, Mutmacher, Mitmacher. Gastronomen wie Erzeuger. Eine Bio-Zertifizierung ist für die teilnehmenden Gastronomen jedoch kein Muss: „Jeder Gastronomiebetrieb kann mitmachen“, sagt Angelika Lintzmeyer vom Umweltreferat. Egal ob Imbiss oder Edelgastronomie. Es geht nicht darum, als Lokal ausschließlich Bio-Produkte zu verwenden, sondern sie denjenigen anzubieten, die sich dafür entscheiden. Auch den Außer-Haus-Vegetariern.

Für die teilnehmenden Erzeuger ist ein bayrisches Bio-Siegel aber unabdinglich, um eine „artgerechte“ Haltung zu garantieren.

Was bedeutet „artgerecht“?

Markus Hahnel von der Genussgemeinschaft Städter und Bauern hat uns noch einmal zusammengefasst, was sie Initiative unter diesem Begriff versteht. Denn natürlich könnte man argumentieren, dass Fleischkonsum prinzipiell nicht artgerecht ist. Oder Außer-Haus-Vegetarier doch einfach für ihren Außer-Haus-Fleischverzicht gelobt, statt zum Konsum überredet werden sollen.

Die Initiative spricht von Tieren als Nutztieren, die der Mensch tötet, um Fleisch zu essen. Ihnen ist aber klar, dass auch mit dem Begriff bio nicht alle Kategorien definiert und nicht vollkommen idealtypisch gehandelt wird. „Bio ist keine ‚Heilslehre‘ und kann nicht sofort alles gutmachen, was Jahrzehnte agrarindustrielle Landwirtschaft angerichtet haben. Und[dass das] eine ganz wesentliche Verhaltensänderung, letztendlich auch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern erfordert,“ so Hahnel.

Damit gemeint sind: Weniger Fleisch. Wenn Fleisch, dann bio und mit Genuss. Kleinere Portionen und eine Aufwertung der Beilagen. Das ganze Tier essen, nicht nur die Edelteile. Und auch sonst sollte man sich Gedanken über seinen Lebensstil machen – „Stichwort: Mit dem SUV zum Bio-Supermarkt!“

Bio-Bauer Lorenz Kratzer aus Freising über artgerechte Haltung

Der Bio-Bauer Lorenz Kratzer aus Freising, der gemeinsam mit den Herrmannsdorfer Landwerkstätten, der Tagwerk Bio-Metzgerei und Simsseer Weidefleisch e.G zu den ersten teilnehmenden Landwirten zählt, erklärt bei der Auftaktveranstaltung im Gasthaus Xaver’s, was er unter artgerechter Haltung versteht.

Am Beispiel Rind wäre das das Ausleben natürlicher Verhaltensweisen, sprich: kleine Herden, Weidegang, extensive Mutterkuh-Haltung. Keine Vollspaltenböden im Stall, aber Ruhebereiche. Eine Fütterung, die den physiologischen Bedürfnissen des Tiers entspricht: Viel Raufutter als Grundfutter, Gras, Heu, Stroh, kein Mais, und nur geringste Mengen Getreide (Kraftfutter). Das Futter stammt von eigenen Flächen und wird nur in Ausnahmefällen von anderen (bio-)Betrieben zugekauft. Kürzeste Wege zum Schlachthof und eine stressfreie Schlachtung.

Das alles soll das neue Logo „Zu Tisch – Besser Iss das“ in den Speisekarten versprechen.

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(Wirklich) wissen wo’s herkommt

Im Vordergrund der Aktion steht jedoch nicht das neue Logo, sondern die verbesserte Kommunikation zwischen Erzeugern, Kunden und Konsumenten. Langfristige und partnerschaftliche Lieferbeziehungen, Qualitätsversprechen und gegenseitige Wertschätzung sollen dadurch entstehen. Wertschätzung, das bedeutet für die Konsumenten auch die Akzeptanz dessen, dass Gutes eben seinen Preis hat. Deshalb bezieht sich das neue Logo zunächst nur auf Rindfleisch. Anders als bei Schweinen oder Hühnern ist hier nämlich der Unterschied zwischen biologischer und konventioneller Haltung am geringsten.

Die neu entstehenden Partnerschaften sollen sich nicht allein auf einen Lieferantenwechsel beschränken. Das Referat für Gesundheit und Umwelt möchte fördern und hat Markus Hahnel beauftragt, zwischen Gastronomen und Erzeugern zu vermitteln. Zu zeigen, wie Fleisch aus regionaler, artgerechter Tierhaltung in die Küche integrieren werden kann und wer als potentieller Lieferer aus der Region zur Verfügung steht, das sind seine Aufgaben.

Denn wer kennt sich da besser aus als die Genussgemeinschaft? Immerhin unternehmen deren Einkaufsgemeinschaften regelmäßig Einkaufs-Ausflüge zu ausgewählten Bio-Bauernhöfen in der Region und bieten Mitfahrern nicht nur die Gelegenheit, kleinbäuerliche Betriebe zu unterstützen, sondern auch, die Erzeuger und deren Höfe im Rahmen einer Hofführung persönlich kennenzulernen.


Beitragsbild + Logo: Zu Tisch – Besser Iss Das, 

Foto oben: Ruben Wester-Ebbinghaus (HolyBurgerGrill), Sonja Obermeier (Klinglwirt), Lorenz Kratzer (Biobauer Freising) und Xaver Portenlänger (Xaver’s)

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