ALDI erweitert Sortiment um krummes Gemüse

Wer in Deutschland kostengünstig einkaufen will, wählt den Discounter. 44 Prozent aller Lebensmittel gehen mittlerweile über das Kassenband bei Aldi, Lidl und Co. Auch der Bio-Boom hat die Discounter-Regale erobert und eigene Bio-Produkte gehören zur neuen, festen Größe im Sortiment. Discounter gelten als billig, Bio als teuer. Ein Vorurteil, das nun der Vergangenheit angehört? Bio für die Masse: Geht das überhaupt?

Bio ist mittlerweile überall und die Ware im Discounter meist günstiger als in Biosupermärkten. Das Gute daran: Bio kann sich so nun jeder leisten und ist nicht länger nur etwas für Besserverdiener. Lebensmittel werden basisdemokratisch angeboten und sind keine teure Exklusiverscheinung mehr. Für viele ist das die einzige Möglichkeit, Bioprodukte zu kaufen und sich Lebensmittel aus nachhaltiger Landwirtschaft leisten zu können.

Aldi wird zum Weltverbesserer?

Mit der neusten Aktion geht Aldi noch einen Schritt weiter. Mit der Einführung von Bio-Obst und Gemüse Zweiter Klasse setzt der Konzern ein wertvolles Zeichen gegen die Lebensmittelverschwendung in Deutschland. Zunächst werden Bio-Karotten, später dann auch Bio-Äpfel mit kleinen optischen Makeln den Kunden als „Krumme Dinger“ zum Kauf angeboten.

Unter die als Klasse II deklarierte Ware fallen Gemüse und Obst, die den Standards und der Normung durch EU- Richtlinien nicht entsprechen. Sie stehen Klasse I Erzeugnissen aber in Nichts nach. Schon gar nicht im Geschmack. Optische Abweichungen lassen viele Lebensmitteln im Test aber durchfallen. Manchmal sind es nur ein kleiner Riss oder ein halber Zentimeter abweichende Länge, die aus einem optimalen Produkt ein Mängelexemplar werden lassen.

Im Netz findet man zahlreiche Videos, in denen Bauern ganze LKW-Ladungen an Gurken auf dem eigenen Acker schreddern, da sie im Test den Standards nicht entsprachen. Die Normungen prüfen aber lediglich die optischen Anforderungen. Den einwandfreien geschmacklichen Zustand der Ware interessiert hier niemanden. Ein Missstand, der beseitigt werden muss.

Solche Beispiele polarisieren und heizen die Stimmung natürlich auf. Immer lauter werden Forderungen nach einem Umdenken in der Politik, mit dem Ziel, neue Richtlinien einzuführen. Bis politische Maßnahmen ergriffen werden, ist die Aktion von Aldi der richtige Weg um vermeidbare Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Denn: Discounter und ihre Abfälle zählen zu den größten Sündern bei der Lebensmittelverschwendung.

Viele Lebensmittel gelangen aufgrund optischer Makel nicht in die Regale der Supermärkte und werden aussortiert. Um auf diese Form der Lebensmittelverschwendung aufmerksam zu machen, bietet ALDI SÜD Möhren und Äpfel der Klasse II an. Die „Krummen Dinger“, wie sie bei ALDI SÜD gekennzeichnet werden, können Schönheitsfehler aufweisen. In puncto Geschmack stehen sie ihren makellosen Artgenossen aber in nichts nach. Die Bio-Karotten werden ab Ende August, die Äpfel ab Ende September bei ALDI SÜD erhältlich sein.

Setzt der Konzern in seiner Agenda wirklich auf Nachhaltigkeit und ökologische Interessen? 

Die Absicht von Aldi ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Steckt hinter der Aktion nicht eher Greenwashing, Umsatzsteigerung und cleveres Marketing? Denn eins ist doch klar: Für Aldi kommt Profit vor Nachhaltigkeit.

Discounter führen einen ununterbrochenen Krieg, in dem es nur um eines geht: Preisdumping. Wer es in Deutschland schafft, den Kunden mit dem günstigsten Preis für sich zu gewinnen, hat gewonnen. Im Marktcheck des SWR äußern Kritiker Bedenken, da die Niedrigpreis-Strategie der Discounter nicht mit den Bio-Idealen vereinbar seien.

Der Vorsatz „Hauptsache billig!“ entspricht nicht dem nachhaltigen Gedanken, der hinter BIO steckt.

Während Bio Lebensmittel so zwar mehr Aufmerksamkeit erhalten, bleibt die Preispolitik der Discounter nach wie vor DAS Problem. Für Discounter wie Aldi steht weniger die Wertigkeit und Qualität der Ware im Vordergrund, sondern der Preiskampf mit den Konkurrenten.

Discounter wollen „Öko“ nicht leben, sie wollen es verkaufen.

Nachhaltig produzierte Erzeugnisse über Preisreduktion voranzubringen, kann nicht die optimale Lösung sein. Was einst gewünscht war, steht also jetzt heftig in der Kritik.

Durch die gestiegene Nachfrage, müssen die meisten Produkte in Bio-Qualität bereits aus dem Ausland nach Deutschland importiert werden. Und eigentlich kann das Argument Bio auch die langen Transportwege nicht rechtfertigen. Im „Geiz-ist-Geil“ Deutschland sollten wir als Konsumenten nach wie vor unserer Verantwortung der Umwelt gegenüber bewusst werden.

Fazit

Bei Aldi ist also leider nicht nur das Gemüse krumm, denn die Unternehmensphilosophie hinkt. Discounter bleibt Discounter, genau dem sollte man sich als Einkäufer auch immer bewusst bleiben, egal ob Bio drauf steht oder nicht. Lob gibt es von uns dennoch für den guten Ansatz. Doch mit diesem Schritt allein, ist es noch lange nicht getan.


Fotos: © ALDI SÜD

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